Honda S 800 im Fahrbericht: Die hochtourige Drehorgel (2024)

Sommer 1967, der Test-Fuhrpark ist klein und überschaubar, enthält aber eine technische Delikatesse. Sie kommt von Honda, wo man längst mit leistungsstarken und zuverlässigen Zweirädern den Markt aufgerollt hat, und heißt S 800. Die beiden Miniatur-Sportwagen, Coupé und Cabrio, die im Doppelpack anrollen, sind die ersten japanischen Autos, die auto motor und sport testet.

Winzige Flachmänner mit Reihen-4-Zylinder

Sie sind winzig, gerade einmal 3,35 Meter lang, acht Zentimeter kürzer als der Ur-Twingo von Renault, 1,40 Meter breit und lächerliche 1,20 Meter hoch. Alle Autos sind damals, verglichen mit heute, noch Leichtgewichte, der neue Sportwagen von Honda ist relativ schwer geworden. Fast 800 Kilogramm registriert die Waage mit vollgefülltem 35-Liter-Tank. Doch nicht die Abmessungen oder das Gewicht sind die Besonderheiten bei dem hübsch aussehenden Straßenzwerg. Es ist der Motor, ein kleiner Vierzylinder in Reihe, genau 791 Kubikzentimeter groß und damit kaum größer als der luftgekühlte Vierzylinder des Fabel-Krads CB 750 Four, mit 67 PS zufälligerweise genauso kräftig.

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Mit dem Motorrad-Motor hat das Auto-Aggregat technisch nichts gemein, trotz der angestrebten und tatsächlich auch erreichbaren hohen Drehzahlen haben es die findigen japanischen Konstrukteure langhubig ausgelegt (Bohrung x Hub: 60 x 70 mm). Die Nenndrehzahl, bei der die höchste Leistung erreicht wird, liegt bei 7.600 Umdrehungen, aber die kleine Drehorgel kann, nicht nur in den unteren Gängen, weit mehr. Selbst stundenlanges Dauervollgas auf der verkehrsarmen Autobahn Salzburg - Wien“, schreibt Tester Gert Hack, „lassen den Motor unbeeindruckt, wobei der Drehzahlmesser nicht selten auf 9000 Touren klettert.“

Anspruchsvolles Triebwerk

Technisch ist das Honda-Triebwerk erwartungsgemäß anspruchsvoll und teilweise auch von den einstigen Standards abweichend. Zwei obenliegende Nockenwellen haben auch andere Vierzylinder, wenn auch erst in einer nach oben entrückten Preisregion. Doch dann kommen die Differenzen, mit paarweise zusammengegossenen Zylinderlaufbuchsen, von Wasser umspült in den Leichtmetallblock eingesetzt. Für die Lagerung von Kurbelwelle und Pleueln sind ausschließlich Nadellager vorgesehen, die weniger Reibungsverluste verursachen und geringere Ansprüche an Schmierung und Kühlung stellen.

Deshalb kann der Öldruck der Druckumlaufschmierung mit 0,5 bar sehr niedrig gehalten werden, wegen geringerer Einbauhöhe ist der auch optisch sehr appetitlich geratene Motor um 45 Grad geneigt. Zwei unterdruckgeregelte Keihin-Doppelvergaser versorgen das Kraftpaket mit Treibstoff, eine aufwendige, sorgfältig abgestimmte Doppelrohr-Anlage macht den Ton zu einer Musik, die in dieser Hubraum-Region bislang nie realisiert werden konnte.

Giftiger Sprinter

Der auch preislich vergleichbare Austin Sprite IV hat immerhin 1,3 Liter Volumen und kann den giftigen Honda in den Fahrleistungen dennoch nicht schlagen. 13,7 Sekunden benötigt der S 800 auf Tempo 100, genau 14 sind es beim Sprite. In der Höchstgeschwindigkeit markiert das japanische Bonsai-Automobil eine noch größere Differenz - nämlich 162 km/h zu 150. Man hat es also, bei aller optischen Puppigkeit, mit einem durchaus ernst zu nehmenden Sportwagen zu tun, der in den gängigen Tempobereichen sogar mit den alten 356er Porsche mithalten kann. Roadster und Coupé sind übrigens gleich teuer und stehen mit 7.750 Mark in der Preisliste, der Fiat 850 Spider ist mit 6.700 Mark erheblich billiger, aber in den Fahrleistungen auch deutlich unterlegen. Keine Frage, der Motor macht den Reiz des kleinen Honda - der Rest geriet eher durchschnittlich.

Vorn sind die Räder an Querlenkern aufgehängt, die durch längs liegende Drehstäbe gefedert werden. Hinten gibt es eine klassische Starrachse, geführt durch Längslenker und einen Panhardstab. Nur der Test-Roadster hat, nachträglich umgerüstet, die einst als fabelhaft geltenden holländischen Koni-Stoßdämpfer - tatsächlich fährt sich der offene S 800 deutlich besser. Mit den originalen japanischen Dämpfern ist die Bodenhaftung schlechter, außerdem zeigt das Coupé eine klare Tendenz zum Untersteuern, die sich vor allem in schnell gefahrenen engen Kurven negativ bemerkbar macht.

Hart, aber gerecht

Viel Federungskomfort darf man da wie dort nicht erwarten. Auf schlechten Straßen werden die Passagiere tüchtig durchgeschüttelt. Nichts anderes hat man auch erwartet - das Erschrecken darüber hält sich also in Grenzen, die kleinen britischen Roadster können so etwas ja auch nicht besser. Sie sind im Übrigen schlechter verarbeitet, der kleine Honda legt die Messlatte hier erfreulich hoch. Es gibt hübsche, gut ablesbare Instrumente, bestehend aus Tachometer, Drehzahlmesser, Wassertemperatur, Benzinuhr und Amperemeter, das Ganze hinter einem Dreispeichen-Lenkrad. Auch große Menschen sitzen noch entspannt, lenken mit leicht angewinkelten Armen, damals die klassische Sportwagen-Schule.

Tester Hack klagt noch über die umständliche Dosierung der Heizung, für die allen Ernstes ein Hahn im Motorraum zu aktivieren ist. Besser heizt man im S 800 nur mit dem Motor, diesem einzigartigen Wirbelwind. Nun, kurz nach Test-Ende, trägt er uns noch nach Neckarsulm in die NSU-Versuchsabteilung. Wieder steht die Drehzahlmessernadel auf der Autobahn kurz vor 9000 Touren, einem Bereich, den die drehfreudigen NSU-Techniker bislang nur mit ihren Renn-Motorrädern realisiert haben.

Drehzahlstarkes Motörchen

Obermeister Richard Horch und Adjutant Franz Schrack stehen bereit, um den japanischen Wundermotor in Augenschein zu nehmen und, in Fahrt, sein Drehvermögen zu erleben. Schrack lobt die Appetitlichkeit des Zweinockenwellen-Triebwerks („guter Guss-Lieferant“), Motoren-Guru Horch bleibt schwäbisch skeptisch. „Ob der hebt?“

Er hat gehalten, aber nicht überlebt. Die Wahrscheinlichkeit, dem rasenden Zwerg heute auf der Straße zu begegnen, geht gegen null.

Technische Daten

Honda S 800 Coupé
Außenmaße3335 x 1400 x 1215 mm
Hubraum / Motor791 cm³ / 4-Zylinder
Leistung50 kW / 67 PS bei 7570 U/min
Höchstgeschwindigkeit162 km/h

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Author: Jonah Leffler

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